Österreich

Durchnässt wie wir vom Wolkenbruch sind, suchen wir den nächsten Supermarkt auf. Während des Einkaufs und Picknicks im Laden trocknet unsere Kleidung am Körper. Das ist weder warm noch angenehm, aber dafür funktionell, denn die lange Tight, die pitschnass an den Beinen klebt, ist ebenso meine Pyjamahose und hält mich nachts bei den frischen Temperaturen im Schlafsack warm.
Wir sind Glückskinder: die Klamotten trocknen und Petrus hat Gnade und stellt den Regenhahn ab. Jetzt brauchen wir nur noch Brennspiritus für den Kocher, damit wir uns morgens einen Frühstückskaffee brühen können. Der letzte Spiritus, den wir schon seit Tansania durch halb Afrika gefahren haben, ist aufgebraucht. Nachdem wir einige Tankstellen und Supermärkte erfolglos abgeklappert haben, husche ich kurz vor Ladenschluss in den letzten rein und habe Glück. Die nette Verkäuferin zaubert den ersehnten Brennstoff hervor. In meiner überschwenglichen Art rufe ich: "Sie sind spitze! Jetzt ist unser Frühstückskaffee gesichert!" Ich lasse eine leicht irritierte Dame zurück und wir schwingen uns auf die Räder. Der nächste Wolkenbruch kündigt sich an, wir fliehen unter eine Brücke und bauen unser Zelt an dieser geschützten Stelle mitten auf dem Donauradweg auf.

Am nächsten Tag strahlt die Sonne und wir erreichen Wien. Auf dem Wurstelprater stärken wir uns mit einem typisch wienerischen Schnitzelbrötchen und Erinnerungen an Alexanders Marathonlauf in Wien werden wach. Da wir damals diese hübsche Stadt bereits erkundet haben und die Heimat ruft, radeln wir entlang des Donauradweges weiter. Österreich ist so ein schönes Land und der Donauradweg professionell ausgebaut mit Beschilderungen für Übernachtungen, Sehenswürdigkeiten und Supermärkten. Entsprechend viele Radreisende begegnen wir. Doch im Vergleich zu Afrika oder dem Orient hält man hier nicht bei jedem Radler an, um einen Plausch zu halten und Reiseabenteuer auszutauschen, sondern hebt grüssend die Hand und weiter geht´s.

Da wir seit der Türkei ohne Detailkarten unterwegs sind und uns in den Ländern Süd-Osteuropas mehr oder weniger durchgefragt haben, beschliessen wir in Österreich uns einer Landkarte zu bereichern. An einer Tankstelle überprüft Alexander den Reifendruck und ich tigere in den Laden auf der Suche nach einer geeigneten Karte. Leider gibt es keine und so komme ich in die Verlegenheit, den Tankwart nach einer kleineren Werbeversion zu fragen, die wir bei der gleiche Tankstellenmarke in der Türkei -ich umgehe den Ausdruck "umsonst"- einfach so bekamen. Daraufhin pampt der Herr mich an: "Jo mei, mir san ihr in Öschtrich und net bei de Türke." Ach so?!
Übrigens bekommen wir letztenendes doch eine Werbelandkarte und wir bedanken uns ausgesprochen freundlich, was der Tankstellenbesitzer mit einem Brummeln erwidert.

Entlang eines Flusses im Tal, vorbei an verschlafenen Dörfern, Bergruinen und einer kleinen Bergetappe kommen wir schnaufend und schwitzend oben in einem Dorf an. Ein älterer Herr begrüsst uns lachend: "Na schaut´s, da müsst ihr wohl treten!". Am und im Dorfbrunnen erfrischen wir uns mit einer gründlichen Wäsche, füllen unsere Wasserflaschen wieder auf und im Laden gibt´s Leckereien. Nach wie vor wissen wir unseren westlichen Standart zu schätzen und zu geniessen!

Der Donauradweg verläuft von der Donauquelle im Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer durch acht europäische Länder. Der Abschnitt von Passau nach Wien ist die meistbefahrene Radroute Europas. Sie ist 326 km lang und jährlich werden etwa 70.000 Radler gezählt.

Der Wiener Prater ist eine öffentliche Parkanlage auf einer Fläche von 6 km². Der Vergnügungspark im Prater heisst "Wurstelprater", dort steht das im Jahr 1897 erbaute Wahrzeichen von Wien: das Riesenrad.

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