Daten
Hauptstadt
Fläche
Einwohner
Bevölkerungsdichte
BIP pro Einwohner
HDI
Währung
Unabhängigkeit
Lebenserwartung
Alphabetisierungsrate
HIV/AIDS (19-49 Jahre)
Khartoum
2.505.810 km² (10.)
40.218.456 (32.)
16 pro km²
1.242 US-Dollar (126.)
0,516 (141.)
Sudanesisches Pfund
01.01.1956
59 Jahre
61 %
2,3 %
Sudan
Veloabenteuer
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Die Frage stellten wir uns auch, als wir damals unsere Afrikaroute planten und waren überrascht, als uns Reisende berichteten, dass hier die nettesten Menschen überhaupt leben und sie sich in keinem Land Afrikas so sicher fühlten. Wir sind erstaunt, herrscht im Sudan doch seit Jahrzehnten Krieg!
Die Erklärung ist einfach: Der Sudan ist das grösste Land Afrikas und ca. 7 mal grösser als Deutschland. Die Krisenregionen sind zum einen im Süden und zum anderen im äussersten Westen, in Darfur.
Interessant finden wir noch, dass sich der Südsudan schon soweit von seinem Land separiert hat, dass wir sowohl in Kampala (Uganda) wie auch in Nairobi (Kenia) auf eine Südsudanesische und Nordsudanesische Botschaft stossen. Im Jahre 2011 finden offizielle Wahlen statt, in denen entschieden wird, ob der Südsudan endgültig ein eigenständiger Staat wird... hoffen wir mal auf einen unblutigen Ausgang...!

Alexander soll recht behalten, als er beim Grenzübergang von Äthiopien in den Sudan sagt: "So, Baby, jetzt wird´s heiss!"
In der Mittagshitze klettert das Thermometer auf über 50 Grad, unsere Handgriffe verändern ihre Form und schmelzen dahin... und wir auch! Viele Liter Wasser rinnen unsere Kehlen herunter und würden wir einen Teebeutel in die Trinkflaschen halten, hätten wir einen schönen, heissen Tee, der allerdings ebensowenig erfrischt wie das heisse Wasser. Hilfe, wir brauchen Schatten! Dieser ist in der Wüste sehr rar und da hier wenig Menschen leben, müssen wir halt solange radeln, bis wir am Strassenrand einen Essensstand finden. Super Sache! Kalte Getränke erwecken wieder die Lebensgeister und das Nationalgericht Fuul (Bohnen mit Salat und Brot) füllt unsere Mägen. Leider reicht unser arabisch lediglich für Begrüssungsfloskeln und Essensbestellungen, doch mit Händen und Füssen erklärt uns ein älterer Sudanese, dass er diesen nummerierten Ring einem toten Vogel vom Bein gezogen hat. Wir lesen die Aufschrift: Vogelwarte Wilhelmshafen! Das gibt es doch nicht, so klein ist die Welt! Wir sind begeistert und gestikulieren überschwenglich, dass dieser Zugvogel aus Deutschland kommt -genau wie wir- und alle freuen sich. Wir lieben diese kurzen, netten Begegnungen.

In einer Kleinstadt sind wir auf Hotelsuche. Leider sind Strassennamen und Gebäude auf arabisch angeschrieben und so landen wir bei irgendwelchen Behörden. Hier spricht keiner englisch und so zückt einer der Männer sein Handy und ruft seinen Freund an, der dieser Sprache mächtig ist. Die Sudanesen sind unglaublich hilfsbereit. Abassar kommt in seinem Tuk-Tuk angetuckert und eskortiert uns mit seinem breiten Lachen ersteinmal zur Polizeistation, denn die Regierung hat die glorreiche Regelung, dass sich Touristen innerhalb von drei Tagen nach Grenzübertritt bei der Polizei registrieren lassen müssen.
"Nö, das machen wir hier nicht. Doch setzt euch erstmal und trinkt einen Tee mit uns." Afrikanische Gelassenheit. Nach dem Tee klappert Abassar einige Hotels mit uns ab, bis wir nach geschlagenen zwei Stunden endlich eine Bleibe finden. Wir sind dankbar für seine Hilfe und möchten ihm gerne ein Trinkgeld geben. Erstaunt fragt er uns: "Aber warum denn das?!" Abassar hat eine viel bessere Idee: Am nächsten Tag besuchen wir seine Familie und die eines Freundes, der seit einigen Jahren in Deutschland lebt, schiessen Bilder und lassen diese im Fotoladen ausdrucken... schöne Erinnerungen!

Das Leben spielt sich hier am Strassenrand ab. In den Morgenstunden werden die Teeküchen eröffnet, ein paar Plastikstühle hervorgeholt, der Kessel steht auf dem offenen Feuer und frittiertes Gebäck lacht uns entgegen. Der Wind und der Strassenverkehr wirbeln regelmässig Sand auf, der durch die Gassen pustet und die Augen tränen lässt. Hier sitzen wir also und lassen das Treiben auf uns wirken. Hailum gesellt sich zu uns. Er spricht fliessend englisch, trägt das traditionelle Gewand und den Turban und präsentiert uns stolz seinen kanadischen Reisepass.
"Vor vier Jahren bin ich aus Eritrea geflohen und hatte Glück. Sie fragten mich damals, ob ich nach Australien, in die USA oder nach Kanada auswandern möchte... ich wollte schon immer nach Kanada, ich weiss selber nicht warum... aber dass es dort soooo kalt ist, nein, dass hatte ich nicht gewusst!" Und er lacht.
Wir fragen ihn noch, wie das Leben dort ist im Vergleich zu Eritrea, ob er glücklich ist in der westlichen Kultur.
Hailum ist begeistert von den Menschenrechten und dass der Staat ihn ein Jahr lang finanziell unterstützt hat und er einen Englischsprachkurs machen konnte... seine Begeisterung spricht Bände.
Wir fragen ihn noch, ob er Arbeit hat.
"Ja, ja, ich arbeite in einer Wurstfabrik... doch einfach mal einen Tag nicht zur Arbeit kommen... selbst wenn man mal eine Stunde später erscheint...nein, das geht in Kanada nicht. Die merken sich das und schreiben alles auf." Und Hailum lacht vergnügt.
Aus seiner Tasche kramt er noch sein vier Wochen Visum für den Sudan hervor.
"Meine Familie ist gerade aus Eritrea geflohen. Sie wohnen in einem der vielen Flüchtlingslager und ich kann sie endlich wiedersehen... nach Eritrea, nein, dort kann ich nicht mehr hin...!" Seine Frohlichkeit ist ansteckend und wir plaudern noch eine ganze Weile.

Für´s Radeln im Sudan eignen sich eigentlich nur die frühen Morgenstunden und der Spätnachmittag, weil es ansonsten zu heiss ist. Doch für sechs Stunden Mittagspause fehlt uns einfach die Gelassenheit und so leiden wir nach einer Woche unter Hitzeerschöpfungen: der Schädel brummt, Übelkeit, Fieber und Durchfall legen uns flach... oder halten uns in Gange, wie man´s sieht... . Wir pausieren auf den Feldbetten, die der Siesta dienen, trinken literweise Wasser mit etwas Salz, der Wind fühlt sich wie ein warmer Föhn aus der Steckdose an, und das Fieber steigt.
Ein Unglück kommt selten allein: Alexanders Sonnenbrille, die er nach dem Essen auf dem Tisch liegen lässt, wird gestohlen. Oh nein! Wie leichtsinnig von uns!
Einer der Männer ruft die Polizei an. Doch diese macht Siesta, wie alle anderen auch. Erst vier Stunden später kommt sie im Tuk-Tuk angetuckert. Auf einmal kommt Leben in die staubige Essensmeile am Strassenrand. Etwa 20 Männer gestikulieren und diskutieren mit dem Polizisten. Ende vom Lied: Der Dieb wird ausfindig gemacht. Er wohnt im Nachbarort.
Der Polizist fragt uns: "Ist es für euch in Ordnung, wenn ihr die Polizei rauslasst und keine Anzeige erstattet?" Wir findens noch amüsant, dass der Beamte uns diese Frage stellt. Na klar, wir sind doch froh, wenn wir die Sonnenbrille zurückbekommen! Tatsächlich wird sie uns eine Stunde später überreicht.
Wir sind baff, überglücklich, dankbar und das alles nicht zu knapp... ja, vor allem dankbar und beeindruckt, wie hilfsbereit die Sudanesen sind... und es geht ebenso um Stolz und Ehre. Alle sind erleichtert und zufrieden. Viele Hände werden geschüttelt: "So, dann können wir ja jetzt nach Hause zu unserer Familie gehen." Und Alexander und ich bauen glücklich unser Zelt auf.

Sudan ist nicht nur das Land der angenehm distanzierten, netten Menschen, sondern auch leider das der Behördengänge. In der Hauptstadt Khartoum tigern wir zur Registrierungsstelle. Uns in Afrika nach Sinn und Logik zu fragen, sollten wir besser aufgegeben und so fügen wir uns der Bürokratie, füllen Formulare aus, versehen sie mit Passbildern, laufen zum Kopierladen und lassen etliche Kopien anfertigen, wieder zurück zu der Behörde... endlich wird der Registrierungsstempel in den Reisepass gedrückt und kostet 40 Dollar. Das ganze ergibt wenig Sinn, denn wir haben bereits ein gültiges Visum und wurden auch schon bei der Einreise registriert... also fragen wir uns, was die ganze Aktion soll und finden nur eine Antwort: Kohle machen!
Dasselbe wiederholen wir irgendwo am anderen Ende der Stadt, weil wir eine Reiseerlaubnis für den nördlichen Teil Sudans brauchen... Papierkrieg ohne Ende und der Tag ist vorbei. Schade.

Mittlerweile ist Alexander wieder fit, nur ich leide noch unter Fieber und Durchfall, was sich ein paar Tage später als Amöbenruhr herausstellt. Da unser Visum ausläuft, verstauen wir unsere Fahrräder in einen Bus und lassen uns bis nach Wadi Halfa fahren. Ein kleines Wüstenörtchen, wo es neben leckeren, frisch gebratenen Fisch viel Sand gibt und die Fähre, mit der wir auf dem Nasser-Stausee nach Ägypten schippern.
Auf dem oberen Deck richten wir uns häuslich ein und stecken unser Revier mit den Packtaschen ab. Das haben wir bei den Ägyptern abgeschaut, die sich hinter ihren Kofferburgen verschanzen.
In der Nacht weht ein kalter Wind, wir rücken näher zusammen und fühlen, dass wir dem europäischen Winter näher kommen... es zieht gerade eine Kaltfront durch das Land der Pharaone.

Nach 16 Stunden Fahrt legen wir um 10:30 Uhr im Hafen von Assuan an. Aber nein, nicht im Hafen sondern vor dem Hafen. Dann kommt die Grenzpolizei und die Gesundheitsbehörde mit einem Motorboot hinübergetuckert. Bei jedem Passagier wird nun die Temperatur gemessen. Leider mal wieder eine Logik, die wir nicht ganz verstehen: Denn was passiert mit einem Passagier, dem aufgrund von erhöhter Temperatur die Einreise verweigert wird? 16 Stunden von der Sudanesischen Landesgrenze entfernt!
Alexander hat die glorreiche Lösung: Wahrscheinlich muss der Passagier dann eine Runde im Nassersee schwimmen. Nach 5-10 Minuten kommt er wieder an Bord und die erneute Temperaturmessung liegt dann im grünen Bereich.

Jetzt dürft ihr nochmal raten, wieviel Zeit die vier "emsigen", ägyptischen Grenzbeamten brauchen, um die vielleicht 200 Pässe der Reisenden zu kontrollieren. Okay, um euch eine Hilfe zu geben, schildern wir mal, wie "gearbeitet" wird, als wir an der Reihe sind: Zwei Beamte sitzen in einer Ecke und palavern angeregt miteinander. Der Dritte sitzt zwar an einem Tisch, hat aber einen Tee vor sich und nur einen Stempel, der ihn ganz klar von allen anderen Aufgaben entbindet. Der vierte Beamte arbeitet wirklich und kontrolliert die Passagiere, allerdings in einem Tempo, bei dem kein Mitteleuropäer von Arbeit sprechen würde. Zwar liegen wir jetzt bereits im Hafen, doch wir müssen an Bord der Fähre bleiben und warten... und warten... und warten... .

Bis nach geschlagenen sechs Stunden langsam die Dämmerung einsetzt und wir das Hafengelände verlassen! Wir schieben einen Hals und schwingen uns auf die Räder, um die 20km entfernte Stadt Assuan zu erreichen.
Sudan - Kann man denn dort überhaupt reisen?
Wissenswertes
Im Sudan leben 70% sunnitische Muslime, 5% Christen und 25% der Bevölkerung folgen einem traditionellen afrikanischen Naturglauben (Geisterglauben). Der Islam ist im Sudan Staatsreligion. Die Nichtmuslime leben überwiegend im Süden und Westen des Landes sowie in der Hauptstadt Khartoum.
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Im Südsudan kämpften Rebellentruppen in einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg um die Unabhängigkeit ihrer Region. Die zwei Bürgerkriege (1. 1955-1972 und 2. 1983-2005) forderten über 2 Mio. Tote und 4 Mio. Flüchtlinge. Seit 2005 besteht ein Friedensvertrag zwischen dem Staat Sudan und der autonomen Region Südsudan. Seitdem ist die Scharia (Islam-Gesetzgebung) für Nichtmuslime im Sudan abgeschafft und der Südsudan wird an den Erdölgewinnen aus ihrer Region beteiligt.
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Seit 2003 fordern einige schwarzafrikanische Stämme in der Region Darfur (Westsudan) mehr Mitbestimmung im Staat Sudan und eine bessere Entwicklungspolitik ihrer Region. Die Regierung geht militärisch gegen die Darfur-Rebellen vor und unterstützt ihre Verbündeten, die "Janjaweed"-Milizen (arabische Reiter-Nomaden), die nicht davor halt machen, auch Frauen und Kinder umzubringen und ganze Dörfer niederzubrennen. Bisher sind über 200.000 Menschen getöten und über 2,5 Mio. Menschen aus Darfur vertrieben worden.
Am 04. März 2009 wurde beim internationalen Strafgerichtshof in Den Haag daraufhin ersmals ein Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatspräsidenten erlassen. Die Anklage gegen Präsident Umar al-Baschir lautet auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Im Juli 2009 verabschiedete die Afrikanischen Union eine Resolution, den Haftbefehl zu missachten.
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Bildergalerie
>>> Impressionen vom Sudan <<<
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